Der 13. Januar 2022, Florida, USA: Ein amerikanisches Raumfahrtunternehmen schickt erfolgreich eine Rakete ins Weltall. Mit an Bord: ein schuhkartongroßer Satellit von OroraTech, der die Erde umkreisen und kontinuierlich hochauflösende Wärmebilder aufnehmen wird. Ein KI-basierter Algorithmus analysiert die Daten direkt in der Umlaufbahn und übermittelt sie zur Erde. Was für ein Meilenstein: Der Satellit ist der Erste seiner Art, der eine Wärme-, Mittelinfrarot- und eine RGB-Kamera in einem kompakten Design kombiniert, das keine Kühlung benötigt. Die hochauflösenden Wärmebildkameras kartografieren die ganze Welt und sind in der Lage, Waldbrände zu entdecken. Wenn alles nach Plan läuft, werden die Satelliten in den kommenden Jahren noch weitere Erkenntnisse für die Eindämmung von Naturkatastrophen liefern.
Aber kehren wir zunächst zu den Anfängen zurück: Thomas Grübler ist schon früh unternehmerisch tätig. Bereits in jungen Jahren sucht er technische Herausforderungen, programmiert Websites und entwickelt Apps. Die Weite des Weltraums ist seine zweite Leidenschaft. Als er 2012 ein Studium an der Technischen Universität München beginnt, stößt er auf ein Raumfahrtprojekt. Mit hundert Mitstudierenden arbeitet er daran, einen Satelliten zu bauen, und sitzt in der Hochphase bis spät in die Nacht oder am Wochenende zwischen Pizzakartons in der Uni. Mit Erfolg: Der Satellit wird ins All geschossen. Thomas Grübler lernt im Rahmen dieses Projekts seine Mitgründer Florian Mauracher und Rupert Amann kennen, später schließt sich außerdem Björn Stoffers an. Während der Arbeit am gemeinsamen Projekt realisieren sie: Die Technologie für den Satelliten wird von großen Raumfahrtunternehmen nicht genutzt. Dabei kann man mit ihr wertvolle Daten sammeln – und Daten sind schließlich das Gold der Zukunft.
Im September 2018 gründen Grübler, Mauracher, Amann und Stoffers OroraTech. Dass sie auch ihren Unternehmenssitz in der bayerischen Hauptstadt ansiedeln, darüber müssen sie nicht lange nachdenken. „München ist der beste Standort, wenn du ein Hochtechnologie-Start-up gründen willst – egal, ob es um das Recruiting, das Talent, den Austausch mit anderen Start-ups oder das Kapital geht“, findet Grübler. Finanziert wird das Start-up unter anderem von Bayern Kapital, dem Venture-Capital-Investor der LfA Förderbank Bayern. „Wir freuen uns, dass es in Bayern einen starken politischen Support für Hochtechnologien gibt. Bayern ist ein richtiger Raumfahrtstandort.“
Für die Wärmebilddaten, die sie mit ihren Satelliten sammeln, werden sich in Zukunft viele Anwendungsgebiete eröffnen – beispielsweise könnte das die Ermittlung von CO2-Ausstößen oder Dürren sein. Die vier Gründer konzentrieren sich aber zunächst auf die Detektion und Bekämpfung von Waldbränden. „Wälder zu schützen, ist viel sinnvoller, als sie mühsam aufzuforsten. Deshalb ist die Waldbrandfrüherkennung aus Klimaschutzperspektive so wichtig. Wir haben außerdem diesen Aspekt ausgewählt, weil es da bisher keinen bestehenden Markt gab“, erklärt Thomas Grübler. „Der Waldbrandsektor nutzt bislang keine bestehenden Datensätze. In Südamerika kann es beispielsweise drei Tage lang brennen und niemand merkt es.“
Aktuelle Alarmsysteme funktionieren mit Wachposten, Kameras auf Türmen oder Flugzeugen, die mehrmals täglich Kontrollflüge über die Areale unternehmen. Diese Methoden sind allerdings ineffizient und von vielen Variablen abhängig, darüber hinaus teuer. Die Wärmebilddaten der OroraTech-Satelliten sind nicht nur zuverlässiger als jede Drohne, jeder Turm und jeder Sensor, sondern auch um einiges kostengünstiger. Außerdem verpassen sie nichts: Sie tasten rund um die Uhr die ganze Welt ab und schlagen bei Feuer Alarm. „Wir digitalisieren eine Branche, die jetzt noch komplett analog unterwegs ist“, fasst Thomas Grübler zusammen. Zu ihren Kunden zählt unter anderem das Bayerische Innenministerium, welches mit OroraTechs Lösung die Waldbrandbeobachtung der Luftrettungsstaffel mittels Satellitendaten rund um die Uhr das ganze Jahr über erweitert.
Auch kommerzielle Forstbetriebe in Australien, Südamerika oder Kanada nutzen die OroraTech-Software, die sie im Fall eines Brands per SMS oder E-Mail alarmiert. „Unsere Kunden können sich mit den Satellitenaufnahmen selbst ein Bild machen und entscheiden, ob sie mit Löschflugzeugen ausrücken oder die Lage vorerst beobachten“, erklärt Grübler. Die ersten Aufnahmen sind ein voller Erfolg, aber das ist erst der Anfang. Dieses Jahr bezog das Start-up nahe dem Münchner Ostbahnhof sein neues, 1.000 Quadratmeter großes Büro, in dem 75 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sitzen. Für die Zukunft hat sich das Unternehmen hohe Ziele gesteckt: Bis Anfang 2024 sollen acht kleine Satelliten der nächsten Generation zweimal täglich Bilder aus dem All liefern.