Wenn Ayano Miyajima erzählt, warum sie als Meister-Studentin der Trompete nun eine Ausbildung zur Instrumentenbauerin macht, fällt die Japanerin ganz schnell ins Bairische: „Vui“, sagt sie, oder „fei“, „spuin“ und „zwäife“. Kein Zweifel, Miyajima ist angekommen im Freistaat. Sie spielt in der Blaskapelle und singt im Kirchenchor. Wie sich das halt so gehört im oberbayerischen Gaißach. Ihre Ausbildung macht sie bei Hans Krinner, einem gefragten Instrumentenbauer, der auch bei Profimusikern immens populär ist: von den Münchner Philharmonikern über LaBrassBanda bis zum Musikkorps der Bundeswehr.
Circa 120 Trompeten, Posaunen oder Flügelhörner sollen in dem neuen Firmengebäude zwischen Bad Tölz und Lenggries im Jahr 2020 entstehen. Je nach Größe bauen Krinner und seine Mitarbeiter an einem einzigen Instrument bis zu 40 Stunden. Weswegen eines dann auch 3.000 Euro und mehr kosten kann.
„Was wir machen, ist Handarbeit und deswegen geht es auch nicht schneller. Das dünne Goldmessing kann man nicht einfach so mit Maschinen biegen“, erzählt Krinner. „Handgebogen bleibt das Material einfach dichter und das ist natürlich gut für den Klang.“ Eine Basstrompete zum Beispiel besteht aus 50 Teilen. Das wichtigste ist das Schallstück, ein Rohling aus Goldmessing, der erst mal mit Wasser eingegossen und dann in einem speziellen Eisschrank mindestens fünf Stunden lang auf minus 86 Grad runtergekü̈hlt wird, um ihn biegen zu können.
Früher hat man so was mit giftigem Blei gemacht, aber auch das ist eben Teil der Klimawende bei Krinner. Im November vergangenen Jahres ist er mit seinem Betrieb aus dem Tölzer Musikhaus mitten in der Stadt ins Gewerbegebiet von Gaißach gezogen – mithilfe eines Ökokredits der LfA. Weil es um die Reinhaltung der Luft und um Lärmschutz ging.
Der neue Firmensitz von Krinner hat nicht nur ausreichend Platz für Werkstatt, Lager, Musikunterricht und Testtöne in einem Probenraum unterm Dach. Er bietet noch dazu Azubis wie der Japanerin Ayano Miyajima günstigen Wohnraum.
Und: Mithilfe der Biomasse-Heizung und der Photovoltaikanlage produziert der Instrumentenbauer, selbst erst seit 15 Jahren im Geschäft, immer wieder so viel Überschussstrom, dass er ihn verkaufen kann. „Es hat sich viel verändert mit dem Umzug“, erzählt Krinner. „Der Geruch durch unsere Arbeit mit Blei war für die Nachbarn in Bad Tölz nicht einfach und der Lärm unserer Poliermaschinen war es auch nicht.“
Entstanden ist Krinners Betrieb eigentlich durch den Traum seines Vaters. Der war zwar gelernter Metzger und später auch Bierfahrer, hat aber früher die Gaißacher Blaskapelle dirigiert und wollte immer in den Instrumentenbau, wenn er nicht schon Familie gehabt hätte. Sein Sohn Hans hat bei den renommierten Blechblasbauern in Geretsried ein Praktikum gemacht, im Alter von 13 Jahren, und später sogar eine Ausbildung als Instrumentenbauer.
Dann ist er aber doch erst Musiker geworden, als Soldat bei den Gebirgsjägern in Garmisch. In dieser Zeit bekam er dann die Gelegenheit, das traditionsreiche Tölzer Musikhaus zu übernehmen, ein Geschäft, in dem es irgendwie alles gab. Krinner entwickelte seine ersten Instrumente, später auch mit dem „Trompetenprofessor“, also mit Erich Rinner vom Konservatorium Innsbruck. Sie begannen, kleine Dinge zu verändern: das Material des Mundhorns, den Verlauf der Ventile, die Blechstärke des Schallstücks. Krinner: „Man muss bauen, testen, wieder ausbauen und wieder bauen. Fertig ist man nie, wir optimieren immer noch.“
Die ovale Form der Flügelhörner, die sich bei Blechbläsern immer mehr durchsetzt, hat zum Beispiel auch Krinner erfunden: „Das ist von der Ansprache, der Intonation besser, klarer und einfacher zu spielen.“
Zwölf verschiedene Typen von Blasinstrumenten baut Krinner mit seinem Team, neben sechs Trompeten sowie einer Ventilposaune sind es auch Fanfaren. Am meisten bestellt aber werden die drei Flü̈gelhorn-Varianten. In der Regel wird auf Bestellung produziert, einige Instrumente gibt es aber auch auf Vorrat. Mit dem Umzug hat er ein Umsatzplus von 20 Prozent gemacht; ganz nebenbei baut er nämlich Steirische Harmonikas der selbst entwickelten Marke „Landerer“. Pro Jahr sind es im Schnitt auch schon 150 Exemplare.
Krinner peilt nun seine erste Umsatzmillion an, noch ist er bei 800.000 Euro. Bis nach China und in die USA exportiert er schon, auch deswegen plant er nun den Aufbau eines richtigen Vertriebs, international natürlich. Daran ändert auch die Corona-Pandemie nichts.
Seine japanische Auszubildende Ayano Miyajima spielt in der Blaskapelle Flügelhorn statt Meister-Trompete. Weil’s einfach besser passt. Im Alter von 28 Jahren ist sie hierhergekommen und möchte einfach nur bleiben. Trompete hat sie schon in Japan gelernt, mit zwölf, und dort und an der Essener Folkwang-Schule auch studiert. Quasi eine Meisterin zur Ausbildung. Die sagt: „Ich bin sehr glücklich hier.“