Kunstkalender 2017 – Kalenderblatt Januar
Die Treppe darüber führt genau auf eine runde Scheibe, in der ein Strudel (lat. Vortex) wirbelt. Eine Nebelmaschine pustet Schwaden hinein; ein Staubsauger versetzt sie in Bewegung. Magische Erscheinung trifft materielle Improvisation. Der eigentliche Strudel ist projiziert, genauso die Filmsequenzen an der Stirnwand. Sie verwenden Ausschnitte aus esoterischen Internetvideos und selbstgedrehte Clips, die sich um das Motiv des Individuums innerhalb gesellschaftlicher Strömungen drehen. Die Überlegungen führen wieder zurück zur zentralen Rolltreppe mit der integrierten Behausung. Sie ist zugleich Metapher für den Aufstieg. Wenn sie läuft, ist das Innehalten nicht möglich – es würde eine Blockade des Systems bedeuten. Im Strom darf es kein Halten geben, und übertragen gilt dieses Bild nicht nur für gesellschaftlichen Konformismus, sondern ebenso für spezielle Interessengruppen und Sekten. Wenn also die unkonventionelle Behausung unter der Treppe, wo sich im Inneren auch Narrenbildnisse befinden, einer Person zuzuordnen wäre, dann einem Außenseiter, der aus dem System gefallen ist. Ein Individuum jenseits von Gut und Böse, umgeben von den Metaphern des dynamischen Aufstiegs, der Hierarchien von unten und oben und des Auserwähltseins aus der Masse. Der Strudel jedoch bewegt sich, indem er um sich selbst kreist, auch wenn er in esoterischen Vorstellungen ebenso wie im Märchen das Tor in eine andere Welt sein mag.
Text: Jochen Meister
* Jonas Johnke wurde bereits im LfA Kunstkalender „junge kunst in bayern 2016“ mit seinem Werk „Türe im Balanceakt“ vorgestellt. Mehr Infos zum Künstler und seinem Werk finden Sie in der LfA Mediathek im Monat September des Jahres 2016.