Kunstkalender 2019 – Kalenderblatt Januar
Die Beschwörungen des Wandtextes mit Begriffen wie Heiligtum und Transzendenz mögen ironisch wirken. Dennoch hatte die Gruppenarbeit der Projektklasse von Ellen Blumenstein, die sich als „Kohorte Blumenstein“ bezeichnete, neben hohem Spaßfaktor einen kritischen Moment. Das Thema der Zeremonie oder des Ritus war der theoretische Ausgangspunkt der Gemeinschaftsarbeit, die nicht zufällig für die Jahresausstellung entstand. Keine Autorin, kein Autor konnte diese Arbeit für sich in Anspruch nehmen. Die gemeinschaftliche Inszenierung der Kohorte besetzte mit der Ausstellungshalle einen Ort, welcher den repräsentativen Charakter der Akademie unterstreicht das alte Bauensemble besitzt „nur“ eine Aula, jenen historischen Versammlungsort einer Lehranstalt, deren Zweck vornehmlich die Ausbildung von Studierenden war. Doch inzwischen ist der Rummel um das Ausstellen sehr laut geworden, die Party gehört unbedingt dazu. Und zugleich die Konkurrenz der Studierenden, der sich die Kohorte versagte. Der Scheinwerferkegel, das „Rampenlicht“, in das jeder ein rollen konnte, verweist auf den Mechanismus des Heraustretens aus der Masse und des SichselbstInszenierens. „Im Zeichen der Gänsehaut“ bricht das Pathos der „Weihestätte“, die Marktgängigkeit der Autorenwerke und stellt sich in die Tradition sozialer Plastik und eines erweiterten Kunstbegriffs. Die Aktivierung des Publikums ist dafür unabdingbar – möglicherweise sogar mit Gänsehaut beim Rollschuhlaufen.
Text: Jochen Meister
Die Künstler
