Kunstkalender 2020 – Kalenderblatt Oktober
Traditionell ist Malerei das Zusammenspiel zwischen einem Bildträger, also z.B. einer Leinwand, Holztafel oder Wandfläche, und Farbmitteln, die darauf aufgetragen werden. Bei den Fischen, welche über die Sprossen einer Stehleiter hängen, ist Monique Haber einen anderen Weg gegangen. Sie sind das Ergebnis von Malerei, bei der sich das dargestellte Objekt ohne die Bindung an einen festen Träger frei einen Platz im Raum erobern kann. Die Künstlerin hat die Fische mit gefärbter Latexmasse gemalt, die nach ihrer Verfestigung von einer Trägerplatte abgezogen wurde. Die hauchdünne Bildschicht konnte nun an einem dafür ausgewählten Ort ausgebreitet werden. So bot die an eine Wand gelehnte Stehleiter einen guten Platz für die dünnen, gemalten Fischleiber. Sie wurden mit leichtem Abstand beider Hälften und in einer entsprechenden räumlichen Anordnung aufgehängt. Es entstand ein Bildraum, der sich mit der Bewegung der betrachtenden Personen veränderte.
Im gleichen Raum platzierte Monique Haber weitere Arbeiten auf dem Boden. Dort konnte man neben Figuren und Gegenständen auch abstrakte Formen sehen. Die Figuration löste sich mehr und mehr auf. Pinselstriche ersetzten die Abbildung von Dingen. Im Prinzip erfahren die Motive also zwei Verwandlungen: von der Gebundenheit an eine Fläche zur mobilen Folie im Raum und von der figurativen Bindung zu einer rein gestischen, ungegenständlichen Form. Die übliche Gegenüberstellung von einem Bild zu den Betrachtenden fällt ebenso weg, wie die Einbettung in einen Bildraum. Dieser ist schließlich der echte Raum, den sich das Bild nun mit seinem Publikum teilt. Ebenso wird das zweidimensionale malerische Werk, die Latexschicht, zu einem dreidimensional aufgefassten Objekt, einer Skulptur, wenn die Bildfolien wie im Fall der Fische entsprechend präsentiert werden. Und obwohl am Boden die Zweidimensionalität gewahrt bleibt, schafft die Bewegung, die wir um die Malerei machen können, eine dritte Dimension.
Text: Jochen Meister
Die Künstlerin
