Luftkamernsystem in den Starkholzplatten von ARS
Projekte

Nichts als Holz

Können Wände aus massivem Holz energieeffizient sein? Der junge Zimmerermeister Andreas Reßle aus dem oberbayerischen Peiting beweist es
TEXT Stefan Ruzas

Jahrelang haben sie an ihrer Idee getüftelt, der Reßle Andi und sein Vater Helmut: eine massive Holzwand, die keinerlei Zusatzdämmung braucht, um energieeffizient zu sein. Anfangs waren die drei Schichten noch 22 Zentimeter dick, später dann 30. Der Trick ist ein klug erdachtes Luftkammersystem im Holz, das den Durchgang der Temperatur von der Außenfläche der Wand nach innen möglichst stark verzögert. In der Bauphysik heißt das „Phasenverschiebung“. Im Alter von 22 Jahren hat sich Reßle junior selbstständig gemacht, nach seiner Ausbildung zum Zimmerermeister und Energieberater. Das war 2009.

Anfangs waren da nur er und ein Hilfsarbeiter. Heute sind es mehr als 65 Mitarbeiter in drei Firmen. Eine heißt ARS Starkholzplatten. ARS steht für seine Initialen – plus Produkt. Sein Büro liegt in Peiting im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau, das Werk im 28 Kilometer entfernten Roßhaupten. Außerdem gibt es seit August ein neues Abhol- und Lieferzentrum in Hechingen, für die Zimmereien in der Umgebung dort. Reßle, heute 33, macht einen Jahresumsatz von rund 15 Millionen Euro. „Damals sind noch viele zurückgeschreckt, als es um das Sparen von Energie ging und um so was wie Nachhaltigkeit“, sagt Reßle. „Ich dachte mir nur: Wenn ich mich nicht jetzt damit beschäftige, bleibe ich stehen. Meine Chance wird kommen.“ Den Klimawandel erkenne man in den Bergen mittlerweile ganz einfach: „Vor zehn Jahren gab’s auf den höheren Almen im Lechtal kaum Bäume, jetzt schon. Die Erderwärmung führt dazu, dass die Grenze sehr schnell nach oben geht.“

Andreas Reßle mit Baumstämmen, aus denen Massivholzwände produziert werden
Massivholzwand von ARS

Echt nachhaltig

Andreas Reßle produziert Massivholzwände

3.500 Holzplatten produziert Reßles Team jedes Jahr. Die energieeffiziente Variante aus Starkholz ist 15,5 Meter lang und bis zu 3,4 Meter breit. Privathäuser und Büros werden damit ebenso gebaut wie Thermen, Hotels oder Garagen. 150 Objekte sind es jedes Jahr, von seinen Firmen selbst errichtet oder beliefert. Wichtig ist Reßle dabei: „Seit zwei Jahren stehen wir dafür, unser Holz aus heimischer Forstwirtschaft zu beziehen, also in einem Umkreis von maximal 50 Kilometern. Außerdem sind wir PEFC-zertifiziert, wir forsten also in unserer Region das auf, was wir verbrauchen.“

Das Problem in der CO2-Bilanz der Holzwirtschaft sei nämlich, dass das Holz oft Hunderte von Kilometern transportiert werde: „Wenn ich Holz von Würzburg hierher zum Schneiden fahre, ist die Energieeffizienz dahin.“ Immerhin verarbeitet Reßle mit Sägewerk und Baufirmen bis zu 35.000 Kubikmeter Holz pro Jahr. Das sind 1.400 Lkw-Ladungen. Von Fichte über Tanne und Lärche bis zur Douglasie. „Man meint immer, es sei so aufwendig, ressourcenschonend zu arbeiten, aber man muss es einfach nur machen“, sagt er. Für den Jungunternehmer heißt das: eine eigene Photovoltaikanlage auf den 12.000 Quadratmeter großen Werkdächern, ein eigenes Biomasse-Kraftwerk für Hackschnitzel, wobei der Schredder mit Strom läuft, nicht mit Diesel. Eigene Wasserquellen und -speicher für die Heizung und zum Bedampfen des Holzes während der Trocknung. Geringe Ausdünstung beim Verleimen der Holzplatten. Und die Gabelstapler fahren nun mit den Euro-Normen 5 und 6.

Seine neueste Errungenschaft: die Umstellung auf LED-Lampen im Werk Roßhaupten, finanziert mit dem „Energiekredit Gebäude“ der LfA Förderbank Bayern – in Kooperation mit der örtlichen Raiffeisenbank. Die spare nicht nur 60 Prozent Strom, sondern bringen auch besseres Licht.

Fast jeden Tag arbeitet Reßle 16 Stunden und wenn er von all seinen Aufgaben erzählt, sagt er zwischendurch auch schon mal voller Überzeugung: „Ich habe den inneren Antrieb und weiß, warum ich das alles mache.“ Was sich natürlich rumspricht: Der renommierte Münchner Architekt Florian Nagler ist nur einer seiner vielen Kunden. „Wir überlegen immer weiter, wie wir den Kreislauf unserer Produktion noch nachhaltiger und effizienter gestalten können. Zum Beispiel kenne ich keinen Betrieb in Bayern, der eine große Blockbandsäge für Starkholz mit Strom betreibt. Auch das geht.

Die 500 Tonnen schwere Presse zum Verleimen der Wände unter Hochdruck haben wir selbst gebaut. Deren Pressplatten mit Heißwasser zu beheizen, macht den Unterhalt überhaupt erst sinnvoll und bezahlbar.“ Darauf muss man eben auch kommen.

Zum Boom der Massivholzhäuser hat Reßle eine klare Meinung: „95 Prozent der Anbieter bauen eine statische Hülle aus Platten und gehen mit so viel Dämmung drauf, bis der rechnerische Effizienzwert passt. Das ist doch nicht Sinn und Zweck von Holz.“ Auch darauf ist er schon gekommen.

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