Die Idee wirkt auf den ersten Blick unscheinbar: Maschinen formen organischen Restmüll zu kleinen, gepressten Zylindern. Und doch steckt hinter dieser Technik ein radikales Umdenken. Denn was bislang als Abfall galt – Pferdemist, Sägespäne, Gemüsereste, Schafwolle –, wird bei Ecokraft zur Ressource. Zu Heizmaterial, zu Dünger, zu Tierfutter. Und dadurch auch zur wirtschaftlichen Chance.
Was simpel klingt, ist das Ergebnis von jahrelanger Entwicklungsarbeit. Denn die Materialien, die die Anlagen von Ecokraft verarbeiten, sind so unterschiedlich wie ihre Einsatzorte: von Landwirtschaften im Bayerischen Wald bis zu Hilfsprojekten in Haiti. Der gemeinsame Nenner? Die Anlagen schaffen Win-win-Situationen: für die Betriebe, die damit neue Wertschöpfung generieren, und für die Umwelt, weil wertvolle Stoffe im Kreislauf gehalten werden.
2012 begann für Reinhold Eder und seinen Neffen Kurt Fischer die Suche nach einer neuen Idee für ein eigenes Unternehmen. Eder brachte Vertriebserfahrung mit, Fischer Wissen aus der Forstwirtschaft. Gemeinsam wollten sie ein Unternehmen gründen, das nicht nur wirtschaftlich arbeitet, sondern auch ökologisch etwas bewegt.
Kurt Fischer hatte beobachtet, dass auf seinen eigenen Waldflächen zwar regelmäßig Holzreste, Sägemehl und Rinde anfielen, aber kaum sinnvoll verwertet wurden. Und das, obwohl die Nachfrage nach Holzpellets wuchs. Warum also nicht eine Maschine bauen, die solche Reststoffe auch im kleinen Maßstab verarbeiten kann? Eine Art Mini-Pelletwerk für Betriebe, Höfe, Werkstätten? Aus dieser Überlegung entstand 2013 Ecokraft – gegründet im niederbayerischen Deggendorf, mit wenig Kapital, aber viel Überzeugung.
„Wir hatten von Pelletierung keine Ahnung“, sagt Eder heute. „Aber das hat es gerade spannend gemacht. Wir wollten etwas entwickeln, das nicht nur verkauft, sondern verändert.“ Der Anfang war hart, die ersten sechs Jahre beschreibt Eder als „Knochenarbeit“. Er und Kurt Fischer haben ausprobiert, verworfen, neu gedacht. „Aber wir haben an die Idee geglaubt.“ Und sie professionalisiert. Während andere auf Masse setzten, baute Ecokraft Maschinen für die Nische: für Bauern, Tierhalter, Manufakturen. Für Menschen, die aus Rübenschnitzeln, Pferdemist oder Schafwolle etwas Wertvolles machen wollen. Heute ist Ecokraft Marktführer im mittleren Anlagesegment. In Niederwinkling steht auf 14.500 Quadratmetern ein hochmodernes Gebäude, 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten an nachhaltiger Technik. Neben Eders Neffen Kurt Fischer sind mittlerweile auch Eders Schwester, seine Tochter, zwei weitere Neffen und zahlreiche Bekannte im Betrieb beschäftigt und machen ihn so zu einem waschechten Familienunternehmen.
Wir wollten nicht nur etwas verkaufen, sondern verändern
Die Einsatzmöglichkeiten der Technik sind vielfältig – und global gefragt. Ecokraft betreut Kunden in ganz Europa, aber auch weit darüber hinaus. Das entfernteste Projekt liegt in Haiti: Dort unterstützt Ecokraft ein Projekt der Caritas Schweiz. Viele Menschen dort leben in Blechhütten und haben keinen Zugang zu Strom oder zu sauberem Wasser.
Die Caritas hat eine kleine Fabrik gebaut, in der sogenannte Pyrolysekocher entstehen – mit denen können die Menschen Mahlzeiten zubereiten und Wasser abkochen. Was fehlte, war ein Brennstoff, denn auf Haiti gibt es keine nennenswerte Forstwirtschaft. „Aber überall liegen Zuckerrohrreste herum. Die wurden bislang nicht genutzt. Wir haben sie pelletiert. Und plötzlich hatten wir einen lokal verfügbaren, sauber brennenden Energieträger“, erklärt Eder. Zwei Tonnen Pellets pro Tag, das sind genug für 4.000 Haushalte.
Ein anderer Kunde verwandelt Schafwolle zu Dünge-Pellets – aus einem Abfallprodukt entsteht ein begehrter Bio-Dünger, der für 6.000 Euro pro Tonne verkauft wird. Und auch Pferdemist muss nicht mehr entsorgt werden: „Wenn ich ihn pelletiere und abpacke, kostet das Kilo zwei bis drei Euro. Die Tonne bringt mir dann 2.000 bis 3.000 Euro“, rechnet Eder vor. Ein Stoff, den viele loswerden wollen, wird so zur Einkommensquelle für Pferdehöfe und Co.
Damit das gelingt, braucht es Expertise – und Kapital. Ecokraft hat mehrfach von der LfA Förderbank Bayern profitiert. Ein Innovationskredit 4.0 ermöglichte die Entwicklung einer neuen Pelletpresse mit 70 Prozent mehr Leistung. Ein Gründungs- und Wachstumskredit half, Lager und Lieferketten zu finanzieren. „Ohne diese Förderung hätten wir vieles nicht stemmen können“, sagt Eder. Ecokraft versteht sich nicht nur als Maschinenbauer. Es geht um ein anderes Denken im Umgang mit Ressourcen – und darum, wirtschaftlichen Erfolg mit ökologischer Verantwortung zu verbinden. „Ich wünsche mir, dass dieses Umdenken schneller passiert“, fasst Eder zusammen – „damit wir Ressourcen nicht verschwenden, sondern schätzen. Und erkennen, was in den Stoffen steckt, die wir jeden Tag achtlos wegwerfen.“