Ein Flugtaxi-Prototyp City-Airbus
Unternehmen

Hightech aus Hohenthann

Außen harmonisch, innen hyperaufregend: Das oberbayerische Unternehmen Gerg entwickelt Bauteile für Luftfahrt, Halbleiter und industrielle Spitzentechnologien
TEXT Alissa Selge

Wenn man bei GERG jemanden fragt, was das Unternehmen eigentlich genau macht, erhält man oft die Antwort: „Wir materialisieren Gedanken.“ Dahinter steckt ein Konzept, das hochkomplexe Technik mit einem einfachen Versprechen verbindet: Die Kundinnen und Kunden haben eine Idee und GERG setzt sie um. Präzise, passgenau, funktional. Und oft auch unter strenger Geheimhaltung. Denn viele Projekte, an denen GERG arbeitet, entstehen im Auftrag von Branchen, in denen Diskretion oberste Priorität hat: Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Motorsport oder die Halbleiterindustrie. Fragen nach Namen oder Details? Werden geschickt ignoriert. Das Unternehmen fertigt keine klassischen Massenprodukte, sondern hoch spezialisierte Einzelteile, Kleinserien und Komponenten für komplexe Systeme. 

Das Führungsteam von GERG

Die Geschäftsführung Martin Redweik, Maria Gerg, Blasius Gerg junior und Blasius Gerg senior (v. l.)

„Was wir machen, ist sehr individuell“, betont Martin Redweik, Geschäftsführer, „das geht nur, weil wir über die komplette Fertigungstiefe im eigenen Haus verfügen.“ Wer GERG beauftragt, sucht keine Standardlösung, sondern eine maßgefertigte Umsetzung auf höchstem Niveau. Gegründet wurde das Unternehmen 1984 von Blasius Gerg senior im oberbayerischen Haslach – in einer umgebauten Garage, fast schon ein Klassiker für ein Hightech-Unternehmen dieser Art. Der gelernte Modellbauer wollte seinen eigenen Qualitätsvorstellungen folgen und legte mit Guss- und Klopfmodellen für einen deutschen Autohersteller den Grundstein für eine langjährige Verbindung zur Automobilbranche. Heute ist daraus eine Unternehmensgruppe mit rund 220 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und einem 26.450 Quadratmeter großen Betriebsgelände gewachsen, auf dem elf Hallen stehen.

Das Herzstück bildet die Modell- und Formenbau Blasius GERG GmbH. Die Leitung liegt mittlerweile in den Händen von vier Geschäftsführern: Blasius und Maria Gerg, ihrem Sohn Blasius Gerg junior sowie Martin Redweik, der Anfang 2025 ins Unternehmen kam. Was mit vielen Ideen in einer Garage begann, hat sich über die Jahrzehnte zu einem Arbeitsalltag mit Hightech-Campus-Charakter entwickelt. Kurze Wege, offene Kommunikation und eine durchdachte Struktur prägen den Alltag auf dem GERG-Gelände.

Das Ziel: Komplexe Ideen in greifbare Lösungen umwandeln

GERG vereint vier Bereiche unter einem Dach: Modell- und Formenbau, Zerspanung (mit rund 50 Fräs- und Drehmaschinen), Leichtbau (mit eigener Carbon-Fertigung) und 3D-Druck für Metalle wie Titan oder Inconel. Unterstützt wird das Ganze durch 28 Ingenieure und Ingenieurinnen sowie durch eigens dafür entwickelte Produktionsverfahren – aktuell hält das Unternehmen sechs Patente. Diese Kombination erlaubt es, komplexe Bauteile hybrid herzustellen. „Was wir hier bauen, funktioniert nur, weil alle Unternehmensbereiche eng zusammenarbeiten“, so Blasius Gerg junior. Ein klassisches Beispiel: Ein Carbon-Bauteil aus dem Motorsport wird ergänzt durch Titan-Elemente aus dem 3D-Druck, fertig bearbeitet auf einer Fräsmaschine – alles unter einem Dach.

„Viele Kunden kommen, weil sie wissen: Es gibt nur sehr wenige, die das können“, so Gerg. „Und wir gehören dazu.“ Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Projekt CityAirbus NextGen. Gemeinsam mit KLK Motorsport entwickelte und fertigte GERG die ultraleichte Heckstruktur des elektrischen CityAirbus, einer Art Flugtaxi-Prototyp. Die Bauteile wurden so konstruiert, dass möglichst viele Funktionen in ein einziges, durchgängiges Teil integriert sind – das spart Gewicht und reduziert Fehlerquellen. Statt einzelne Elemente später aufwendig zu vernieten, wurde alles in einem Stück gefertigt. Ein Meilenstein in Sachen Effizienz und Aerodynamik.

Technologische Exzellenz zeigt sich bei GERG nicht nur im Endprodukt, sondern auch in den Maschinen selbst. Bemerkenswert ist etwa das nach GERG- Anforderungen entwickelte Bearbeitungszentrum „MasterTec 5500 AT“ – eine hallengroße Fräsmaschine, die selbst riesige Bauteile mit verblüffender Genauigkeit bearbeiten kann. Zur Veranschaulichung: Sie fertigt eine vier Quadratmeter große Fläche mit weniger als 0,02 Millimeter Unterschied in der Ebenheit an.

Konstruiert und in Betrieb genommen wurde sie gemeinsam mit dem oberfränkischen Maschinenbauer Waldrich Coburg. Ausgestattet ist die Anlage mit mehreren Fräs- und Drehköpfen, sie kann Bauteile mit einer Länge von bis zu 14 Metern bearbeiten und verfügt über ein Werkzeugmagazin mit 400 Plätzen. Weltweit gibt es kaum vergleichbare Maschinen mit dieser Kombination aus Größe und Präzision.

Eine eigens für GERG konstruierte Fräsmaschine

Die „MasterTec 5500 AT“ ist eine eigens für GERG konstruierte Fräsmaschine – entwickelt vom Maschinenbauer Waldrich Coburg

Neben technischer Brillanz ist auch Nachhaltigkeit Teil der Unternehmensphilosophie. Rund die Hälfte des Energiebedarfs wird durch Eigenerzeugung gedeckt, unter anderem durch Photovoltaikanlagen und eine Hackschnitzelheizung. Beim Bau der Produktionshallen wurde überwiegend Holz verwendet. Die Architektur fügt sich harmonisch in die Hügellandschaft ein – eine bewusste Entscheidung gegen funktionale Anonymität und für ein wertschätzendes Verhältnis zur Umgebung. Draußen grasen Kühe, drinnen regiert Hightech.

Fördern, forschen, vorangehen: Um die höchsten Ansprüche seiner Kundschaft zu erfüllen, investiert GERG laufend in neue Maschinen und Prozesse. Mehrfach wurde das Unternehmen dabei durch die LfA Förderbank Bayern unterstützt. GERG nutzt Programme wie den Innovationskredit 4.0 für gezielte Zukunftsprojekte: Finanziert wurden beispielsweise der Neubau einer Produktionshalle für den bestehenden Gewerbebetrieb sowie die Etablierung einer neuen Umsatzsparte zur Herstellung von Höchstgenauigkeitskomponenten im Nanometerbereich für die Halbleiterindustrie. Auch für die nächsten Jahre sieht sich das Unternehmen gut vorbereitet. Die bestehenden Branchen sollen weiter ausgebaut, das Halbleitergeschäft gestärkt und neue Branchen erschlossen werden. „Wir möchten uns noch breiter aufstellen und gleichzeitig technologisch ganz vorn bleiben“, sagt Martin Redweik. Das Ziel: komplexe Ideen in greifbare Lösungen zu verwandeln – mit Handwerk, Hightech und Haltung.

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